Am 18.09.2024 hat das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend den 17. Bericht über die Lage junger Menschen und die Bestrebungen und Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe vorgelegt.
Das Ministerium schreibt auf seiner Seite über den Bericht:
„Der Bericht macht deutlich: Die heutige junge Generation ist die diverseste, die es je gab. Allen Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen gemein ist jedoch das Bedürfnis nach Orientierung und Sicherheit – das ist in der aktuellen dynamischen und unsicheren Zeit besonders wichtig. Die Kernbotschaft des Berichts lautet entsprechend: Zuversicht braucht Vertrauen!“
Auch über die Freiwilligendienste wird an mehreren Stellen berichtet und ihr Wert hervorgehoben. So bescheinigen die Sachverständigen den Freiwilligendiensten BFD, FSJ und FÖJ eine „ungebrochen hohe Beliebtheit“ (S. 344) und eine „dauerhaft hohe Attraktivität“ (S. 20) mit der Einschränkung „im Rahmen der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel“ (ebd.). Defacto führte dieser Rahmen in 2024 zu einer Fördermittelkürzung und auch für 2025 stehen Kürzungen im Haushaltsentwurf. Dabei gilt auch für den Bericht: „Es braucht eine Weiterentwicklung der Strukturen und keine Kürzungen der Förderung“ (S. 65). Der Bericht hält diesbezüglich eindrucksvoll fest: „von einer Verbesserung [der Finanzierungssituation], wie im Koalitionsvertrag versprochen, kann allerdings nicht die Reden sein“ (S. 344). Ein nachfragegerechter Ausbau ist in der Legislatur nicht erfolgt, stattdessen werden über Jahre aufgebaute und etablierte Trägerstrukturen durch Kürzungen in ihrer Existenz bedroht!
Trotz der massiven, in dem Bericht zum Teil verschleierten, Kürzungen sind die Freiwilligendienste in allen Bereichen des sozialen Lebens „nicht mehr weg zu denken“ (S. 344). Die Bundesregierung hält die Freiwilligendienste für „überaus wertvoll“ (S. 20) – für die Freiwilligen, die Einsatzstellen und die Gesellschaft. Sie greift damit direkt den Gewinn hoch3 auf und betont insbesondere den Effekt auf die Stärkung der Demokratie. Entsprechend bekennt sich die Bundesregierung auch deutlich zur Freiwilligkeit, zur Arbeitsmarktneutralität und zum Verzweckungsverbot. Der Bericht erteilt einer Dienstpflicht, wie unter anderem der Bundespräsident sie vorschlägt, mehrfach eine klare Absage (vgl. S. 21, 65, 135, 345, 347) und bezeichnet die Debatte um einen allgemeinen Pflichtdienst als befremdlich (vgl. S. 345): „Der Einführung eines Pflichtdienstes (und der Wehrpflicht) stehen rechtliche, inhaltliche und finanzielle Gründe entgegen“ (ebd.). Vielmehr braucht es eine „attraktive Kultur der Freiwilligkeit“ (S. 21). Es wird verwiesen auf die Novellierung der Gesetzgebung, konkret die Ermöglichung von Teilzeit ohne besondere Begründung sowie der Auszahlung eines Mobilitätszuschlags und die Erhöhung der Taschengeldobergrenze. Zu Letzterem weist der Bericht jedoch ebenso wie der BAK FSJ daraufhin, dass aufgrund fehlender zusätzlicher Förderung die Realisierung höherer Taschengeld unwahrscheinlich erscheint (vgl. S. 346).
Ein expliziter Verweis auf das zivilgesellschaftliche Konzept Rechtsanspruch auf Förderung eines Freiwilligendienstes fehlt zwar, die Bundesregierung setzt sich jedoch weiterhin das klare Ziel, freiwilliges Engagement „unabhängig von Alter, Geschlecht, Herkunft, Bildungshintergrund oder sozio-ökonomischem Status möglich“ (ebd.; vgl. S. 344) zu machen. Die zur Realisierung dieses Ziel notwendige Einführung eines staatlich finanzierten Freiwilligengeld auf BAföG-Niveau ist ebenso eine Kernforderung unserer gemeinsamen Vision Freiwilligendienste 2030 wie die auffordernde Einladung und Beratung an alle Schulabgänger*innen (vgl. S. 255f., 338f., 346). Denn: Junge Menschen wollen sich engagieren und müssen nicht dazu verpflichtet, sondern angemessen informiert und beraten werden (vgl. S. 345).
Abschließend zieht der Bericht zu den Freiwilligendiensten (und einem Pflichtdienst) folgendes Fazit:
„Statt eines Pflichtjahres oder gar finanzieller Kürzungen der Förderung bedarf es einer Weiterentwicklung in Struktur und Organisation, um attraktiv zu sein und zu bleiben. So gilt es, den Stellenwert der Freiwilligen zu begreifen und wertzuschätzen sowie Schwächen im System der Freiwilligendienste zu beseitigen. Die Freiwilligendienste müssen vor allem aus Sicht der interessierten jungen Menschen gedacht werden, Zugänge müssen erleichtert und die im Freiwilligendienst erworbenen Fähigkeiten und Fertigkeiten für die jungen Menschen besser „verwertbar“ gemacht werden. Ein wünschenswertes Ergebnis könnte ein Anspruch auf einen (attraktiven) Freiwilligendienst sein, und damit sollte den Pflichtdienstdebatten eine klare Absage erteilt werden“ (S. 347).
Damit greift das Fazit im letzten Satz auch noch den dritten Aspekt der Vision 2030 auf. Der gesamte Bericht ist hier abzurufen.
Vielen Dank an den BAK FSJ für die Zusammenfassung.
BMFSFJ legt 17. Kinder- und Jugendbericht vor und erteilt dem Pflichtdienst eine Absage (bak-fsj.de)
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/17-kinder-und-jugendbericht-244628